EINBLICKE IN DIE PRAXIS

Familiengrundschulzentren vernetzen Schule und Sozialraum

In Mönchengladbach arbeitet das gesamte Jugendamt nach einem sozialräumlichen Konzept. Annika Ahrens, Koordinatorin der Familiengrundschulzentren in Mönchengladbach, gibt Einblicke in die sozialräumlichen Strukturen, die Vernetzung von Schule und Sozialraum und konkrete Projekte der FGZ.

Welche allgemeinen Strukturen gibt es innerhalb der Stadt Mönchengladbach zur Sozialraumorientierung?

In Mönchengladbach arbeiten alle Abteilungen des Jugendamtes nach einem sozialräumlichen Konzept. Das heißt, es gibt eine fest verankerte Geschäftsordnung zur Sozialraumorientierung des Jugendamtes. Es gibt zwei Gremien: Ein verwaltungsinternes Gremium, das Sozialraumteam, das auch Ressourcencheck genannt wird. Insgesamt handelt es sich für die sechs Gebietsflächen des Allgemeinen Sozialen Dienstes um sechs solcher Sozialraumteams, die sich monatlich treffen. Zudem gibt es ein verwaltungsexternes Gremium, die Sozialraumkonferenzen, von denen es 17 im Stadtgebiet gibt. Diese Sozialraumkonferenzen finden mindestens dreimal im Jahr statt und beziehen Schulen, Kitas, freie Träger und weitere Partner wie die Schulsozialarbeit des Landes ein. Neue Mitarbeitende des Jugendamts werden direkt in diese Struktur eingebunden, um frühzeitig bedarfsorientiert arbeiten zu können. Prävention vor Intervention und die enge Verzahnung der Akteure sind zentrale Ziele. Beide Gremien stehen in ständigem Austausch, um eine gute Zusammenarbeit zu gewährleisten.

Eine weitere Frage zu den beiden Gremien: Können Sie beispielhafte Themen nennen, mit denen sich das interne und externe Gremium beschäftigen? Sie erwähnten, dass das interne Gremium sehr strukturiert, einmal im Monat tagt. Worum geht es da in der Regel?

Im internen Gremium geht es vor allem um den Austausch über aktuelle Entwicklungen im Sozialraum. Neue Bedarfe werden erkannt, festgehalten und Lösungen entwickelt, sei es durch neue Projekte oder Angebote. Auch anonyme Fallberatungen sind möglich, in denen unterschiedliche Perspektiven zusammengeführt werden, um Lösungen zu finden. Das externe Gremium, in dem unterschiedliche Träger zusammenkommen und das verschiedene Ziel- und Altersgruppen betrachtet, beschäftigt sich auch mit Übergängen, z. B. von der Kita in die Grundschule. Hier werden beispielsweise auch Formate wie Elterninformationsveranstaltungen für Eltern von Vierjährigen kritisch hinterfragt und gegebenenfalls angepasst, um den Bedarfen im Sozialraum besser gerecht zu werden.

Das Elterncafé regt bei Kaffee und Keksen zum Austausch an.

Beim Bastelnachmittag können die Kinder kreativ werden.

In Mönchengladbach gibt es acht Familiengrundschulzentren. Haben diese bestimmte Ziele im Hinblick auf den Sozialraum?

Die Familiengrundschulzentren bilden eine Brücke zwischen Schule und Sozialraum. Sie arbeiten nach dem sozialräumlichen Konzept des Jugendamtes und führen, gemäß ihrer Angebotskonzeption, regelmäßig Bedarfsabfragen bei Lehrkräften, Eltern und Schülerinnen und Schülern durch, um herauszufinden, was vor Ort benötigt wird. Die Sozialraumexpertise wird genutzt, um bestehende Angebote zu ergänzen, statt neue Strukturen zu schaffen. Ein Ziel ist es auch, außerschulische Bildungsangebote zu fördern, die Inanspruchnahme zu steigern und den Sozialraum aktiv zu nutzen. So können beispielsweise schulische Räumlichkeiten wie Turnhallen oder Ganztagsräume für sozialraumbezogene Veranstaltungen genutzt werden. Auf diese Weise werden die Familiengrundschulzentren eng in den Sozialraum eingebunden.

Gibt es ein Monitoring, das zeigt, wie gut ein Familiengrundschulzentrum die Angebote des Sozialraums in die Schule integriert?

Ja, wir haben ein Monitoring. Zum einen dokumentieren wir, welche Angebote durch die Arbeit der FGZ-Koordinierung entstanden sind, um den Mehrwert dieser Personalstelle zu belegen. Über den örtlichen FGZ-Arbeitskreis im Regionalen Bildungsbüro führen wir Taskcards, auf denen die acht FGZ und die durch ihre Bemühungen geschaffenen Angebote abgebildet sind. Zudem erfassen wir über unsere Sozialraumarbeit, welche Bedarfe gedeckt werden und wie sich die Angebote im Sozialraum der einzelnen Abteilungen des Jugendamtes ergänzen. Darüber hinaus gibt es ein weiteres teaminternes Monitoring, das alle außerschulischen Aktivitäten des FGZ erfasst, einschließlich der Auslastung der Kurse und der Elternzufriedenheit, sofern diese abgefragt wird.

Sie haben schon Beispiele genannt, aber können Sie noch weitere konkrete Projekte nennen, die zeigen, wie das Familiengrundschulzentrum eine Brücke zwischen Schule und Sozialraum schlägt?

Ein Beispiel sind Freizeit- und Lernhilfen. Wir haben in Mönchengladbach zu wenig strukturierte Nachmittagsangebote und auch zu wenige Ganztagsplätze. Mit Corona-Sachmitteln haben wir im vergangenen Jahr Alternativangebote geschaffen, die wir dieses Jahr fortgesetzt haben. Ein solches Projekt ist „Lernen mit Spaß“ (LemiS) an einem unserer FGZ, unterstützt von einer gemeinnützigen Stiftung. Hier erhalten Kinder der ersten und zweiten Klasse von Montag bis Donnerstag ein Nachmittagsangebot. Dieses Angebot entstand nicht aus schulischen Abfragen, sondern aus dem Sozialraumbedarf. Ein weiteres Beispiel ist „Fit in Deutsch“, ein kostenloses Deutschangebot in den Ferien, das von einem freien Träger organisiert wird und über eines unserer FGZ auf einen weiteren Sozialraum ausgeweitet werden konnte. Wir haben zudem erkannt, dass es zu wenig niedrigschwellige Bewegungsangebote gibt und haben 2021 das Bewegungsangebot „Open Sunday“ aus einer Nachbarkommune nach Mönchengladbach geholt und auf vier Sozialräume ausgeweitet.

Gibt es aus kommunaler Sicht Zielfelder, die man in Zukunft bei der Verknüpfung von Sozialraum und Schule stärker in den Blick nehmen möchte?

Aus kommunaler Sicht beschäftigen wir uns derzeit beispielsweise intensiv mit dem Thema Schulabsentismus. Ein Fokus für unsere FGZ liegt darauf, beispielsweise durch themenbezogene Elterncafés, auch in Grundschulen die Bedeutung des regelmäßigen Schulbesuchs nachhaltig an die Familien zu vermitteln. Ein konkretes Beispiel ist eine Veranstaltung unter dem Titel „Beats, Bowls & Bananas“ im Sozialraum Rheydt, wo drei unserer FGZ liegen. Hier wird es auf dem Marktplatz nachmittags eine Veranstaltung des Bildungsmanagements für nachhaltige Entwicklung unseres Regionalen Bildungsbüros für Familien mit Schulkindern geben, bei der Themen wie Schule, Ernährung und deren Bedeutung für das Lernen spielerisch vermittelt werden. Unsere Rheydter FGZ-Koordinierungen haben diese Sozialraumveranstaltung intensiv beworben und sind teils dabei als Ansprechpartnerinnen vor Ort.

WEITERE INFORMATIONEN

Foto: Simone Wans, Stadt Mönchengladbach
Interview: Marisa Klasen und Sebastian Schardt, Wübben Stiftung Bildung
Kommune: Mönchengladbach
Website: Familiengrundschulzentren Mönchengladbach