Die Starterklasse in Köln: Frühe Unterstützung für den Schulstart
In Köln erleichtert die Starterklasse an der Geimeinschaftsgrundschule Langemaß Kindern, insbesondere ohne Kita-Erfahrung, den Übergang in die Schule. Durch ein multiprofessionelles Team werden bei den Kindern emotionale Hürden abgebaut und grundlegende Kompetenzen gefördert. Das Familiengrundschulzentrum spricht parallel die Eltern an. Im dritten Jahr der Umsetzung ziehen die Verantwortlichen positive Bilanz.
Was verbirgt sich hinter dem Konzept der Starterklasse? Und aus welchem Anlass wurde sie eingeführt?
Jan Lannert: Vor zwei Jahren haben wir die Starterklasse mit einem multiprofessionellen Team eingeführt, um Kindern ohne Kita-Erfahrung den Übergang in die Schule zu erleichtern. Damals hatten rund 25 Prozent der Kinder, die eingeschult wurden, vorher keine Kita besucht. Ziel der Starterklasse ist es, emotionale Hürden abzubauen und eine bessere Vorbereitung auf den Schulstart zu bieten. Die Kinder treffen sich von Ostern bis zu den Sommerferien einmal wöchentlich. Der Schwerpunkt liegt nicht auf dem Nachholen versäumter Kompetenzen, sondern auf der emotionalen Vorbereitung, um nach den Sommerferien besser vorbereitet in die Schule starten zu können. Zuerst haben wir nur Kinder eingeladen, die nicht in der Kita waren, im zweiten Jahr haben wir das Angebot auf Kinder ausgeweitet, die unregelmäßig in der Kita waren oder monatelang gefehlt haben, und in diesem Jahr haben wir es für alle geöffnet. Wir haben bereits 30 Anmeldungen für dieses Jahr, das sind etwa 50 Prozent der Schulanmeldungen. Ein paar Kinder, bei denen es uns aus verschiedenen Gründen wichtig ist, dass sie dabei sind, rufen wir noch an oder unser Partner Vast Vasteste macht das, je nach Muttersprache. Bei Vast Vasteste handelt es sich um ein Landesprogramm, das die Brücke von der Schule in die Familien der Roma-Community bilden möchte.
Madeleine Ehrig: Wir stellen in diesem Jahr fest, dass der Anteil der Kinder ohne Kita-Erfahrung zurückgegangen ist und nur noch drei bis vier Kinder keine Kita besucht haben.
Wie werben Sie für die Starterklasse?
Lannert: Wir sprechen die Eltern bei der Schulanmeldung an. Letztes Jahr haben wir zum ersten Mal mit unserem Partner Vast Vasteste eine Einladung erstellt, die über QR-Codes in acht Landessprachen zugänglich ist. So können sich die Eltern die Informationen in ihrer Muttersprache anhören. Das hilft, möglichst viele Familien zu erreichen.
Ehrig: Oft erreichen wir Eltern auch über persönliche Kontakte, zum Beispiel über Geschwisterkinder oder die Schulsozialarbeit. In der Regel gibt es keine Ablehnung, im Gegenteil, die Starterklasse wird von den Eltern begrüßt.
Was genau passiert in der Starterklasse?
Lannert: In der Starterklasse arbeiten wir mit den Kindern in Gruppen von 8 bis 10, wobei der Fokus auf der Förderung grundlegender Kompetenzen liegt. Wir vermitteln Basisthemen wie gesunde Ernährung und Feinmotorik, die als Grundlage für den Schulalltag dienen. Zudem führen wir erste Rituale ein, die den Kindern helfen, sich an den Schulalltag zu gewöhnen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist das Kennenlernen der Schule: Die Kinder besuchen die Schulleitung, schauen sich die Toiletten an und machen sich mit den Räumen vertraut. Gegen Ende des Schuljahres hospitieren sie auch schon in den zukünftigen Klassen (jahrgangübergreifendes Lernen), um Gesichter und Abläufe kennenzulernen.
Ehrig: Parallel dazu haben wir im letzten Jahr ein Elterncafé gestartet, da viele Eltern ohnehin auf dem Schulhof warten. Hier können sie sich austauschen, mehr über das Familiengrundschulzentrum (FGZ), die OGS und die Schulsozialarbeit erfahren sowie grundlegende Informationen zur Schule und zum System erhalten. Das Café bietet einen offenen Raum für Gespräche und Fragen.

An der Starterklasse sind viele Akteure beteiligt – von der Schulsozialarbeiterin über Sonder- und Sozialpädagogen bis hin zum Familiengrundschulzentrum und Vast Vasteste. Welche Aufgaben und Funktionen nehmen diese Personen ein?
Ehrig: Die Starterklasse ist ein Beispiel für eine gelungene multiprofessionelle Zusammenarbeit über die alltägliche Kooperation hinaus. Die Sozialpädagogen der Schuleingangsphase und der Sonderpädagoge kümmern sich vorrangig um die Arbeit mit den Kindern, gestalten die Gruppenstunden und fördern die Basiskompetenzen. Unser Partner Vast Vasteste ist vor allem in der Elternarbeit aktiv, insbesondere bei der Kontaktaufnahme im Vorfeld. Dabei werden nicht nur Roma-Familien angesprochen, sondern alle Familien, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Im Vordergrund stehen der Vertrauensaufbau und die Kommunikation mit den Eltern, um Vorbehalte abzubauen.
Als Schulsozialarbeiterin und Leiterin des FGZ habe ich eine Doppelrolle. Im Schulalltag bin ich sowohl in der Elternarbeit als auch in der Arbeit mit den Kindern tätig. Meine Rolle in der Starterklasse ist übergeordnet: Ich koordiniere das Elterncafé, gebe Informationen weiter und baue Vertrauen zu den Eltern auf, um sie später für die Angebote des FGZ zu gewinnen.
Meine Kollegin aus der Schulsozialarbeit ist ebenfalls an der Starterklasse beteiligt. Sie tritt aktiv mit den Eltern in Kontakt um Vertrauen aufzubauen und erste Kontakte zu knüpfen. Ebenso übernimmt sie einen Part im Elterncafé und gibt den Eltern gezielte Informationen mit an die Hand.
Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit im multiprofessionellen Team? Wie erfolgen die Abstimmung und Koordination?
Ehrig: Alle 3 bis 4 Wochen treffen wir uns zu einem Austausch, um die Zusammenarbeit im Team zu koordinieren. Ansonsten finden Absprachen oft zwischen Tür und Angel statt, per E-Mail oder in kurzen Gesprächen. Wir suchen ständig nach Möglichkeiten, uns abzustimmen.
Lannert: Auch wenn wir noch keine endgültige Struktur für den Austausch haben, haben wir seit Januar mehrmals mit der Schulleitung und den Schulsozialarbeitern die Struktur und den Ablauf besprochen. Wir bekommen von der Schulleitung die notwendigen Zeitfenster für den Austausch. Das Team sieht unsere Arbeit positiv, da wir den Kindern frühzeitig helfen, sich in der Schule zurechtzufinden.
Zum Abschluss veranstalten wir einen Kennenlernnachmittag, an dem alle Schulanfänger – nicht nur die der Starterklasse – die Schule kennenlernen. Hier gibt es auch eine kleine Rallye und die Kinder machen erste Erfahrungen mit ihren zukünftigen Lehrern. So bekommen alle Beteiligten einen ersten Eindruck von den Kindern. Die Starterklasse findet immer montags von 8.15 bis 9.30 Uhr statt, wenn in den Klassen der Erzählkreis stattfindet. So wird der Stundenplan nicht zu sehr belastet. In dieser Zeit sind die Sozialpädagogen, die sonst in der Klasse arbeiten würden, freigestellt. Die Schulleitung sorgt dafür, dass genügend Fachkräfte zur Verfügung stehen, darunter vier Sozialpädagogen und ein Sonderpädagoge. Verschiedene Fachkräfte sind auch im Elterncafé anwesend, um Informationen weiterzugeben und sich mit den Eltern auszutauschen.
In Köln gibt es mehrere Starterklasse. Werden diese von einer Stelle koordiniert und sind sie untereinander vernetzt?
Ehrig: Ich weiß nicht, ob es die Starterklasse an allen FGZ gibt. Der Gedanke entstand hier an unserer Schule, weil wir den Bedarf gesehen haben. Er war nicht Teil eines zentralen Netzwerkes. An anderen Schulen, an denen Vast Vasteste tätig ist, gibt es ebenfalls Starterklassen, aber sie sind nicht zentral koordiniert oder vernetzt. Zwischen den Vast Vasteste-Schulen findet allerdings ein Austausch sowohl zu organisatorischen als auch zu inhaltlichen Themen statt. Wir haben hier einfach den Bedarf gesehen und die Ressourcen des FGZ eingebunden.

Sie sind im dritten Jahr der Umsetzung. Welche Effekte nehmen Sie wahr?
Lannert: Ich habe das Gefühl, dass die Kinder gut auf die Schule vorbereitet werden. Vor allem die Kinder, die noch keine Kita-Erfahrung haben, haben erste soziale Kontakte geknüpft und die Schule schon kennengelernt, was für sie besonders hilfreich ist. Sie kennen das Gebäude und die Geräusche, was für manche eine große Erleichterung ist. Außerdem konnten wir frühzeitig diagnostische Maßnahmen und Ergotherapie einleiten, was sich positiv ausgewirkt hat.
Ehrig: Es ist schwer zu sagen, wie es ohne die Starterklasse gewesen wäre, aber viele Kinder erkennen uns jetzt und können auf Erwachsene zurückgreifen, mit denen sie bereits positive Erfahrungen gemacht haben. Die Beziehungsebene wird deutlich gestärkt.
Lannert: Für einige Kinder war die Eingewöhnung trotzdem schwierig. Es ist schwer zu sagen, ob die Teilnahme an der Starterklasse diese Probleme verringert hat. Wir nutzen die Starterklasse auch, um die Klasseneinteilung zu beobachten und Freundschaften oder Bindungen zu fördern, vor allem für Kinder, die keine Kita-Erfahrung haben oder nachmittags isoliert sind.
Wie wir der Ansatz der Starterklasse zudem finanziert?
Ehrig: Die Starterklasse wurde aus dem Bedarf heraus entwickelt und nutzt die Ressourcen des FGZ. Es gibt keine zentrale Finanzierung durch bspw. die Stadt Köln. Der Personaleinsatz basiert auf dem guten Willen der Schulleitung, die die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellt. Sachkosten und Lebensmittel für das Café werden vom FGZ finanziert.
Für das Konzept der Starterklasse wird auf das vorhandene Personal des multiprofessionellen Teams zurückgegriffen. Die Schulleitung stellt den Rahmen zur Verfügung, der die Umsetzung des Konzeptes im Schulalltag ermöglicht. Weitere Kooperationspartner wie z.B. Vast Vasteste werden ebenfalls in das Konzept eingebunden. Insgesamt wird auf vorhandene Ressourcen zurückgegriffen und diese gezielt auf die Bedürfnisse der Starterklasse ausgerichtet.
„Vor allem die Kinder, die noch keine Kita-Erfahrung haben, haben erste soziale Kontakte geknüpft und die Schule schon kennengelernt, was für sie besonders hilfreich ist.“
WEITERE INFORMATIONEN
Interview: Marisa Klasen und Sebastian Schardt, Wübben Stiftung Bildung
Foto: © Wübben Stiftung Bildung/Peter Gwiazda
Kommune: Köln